Der Bundesparteitag der AfD in Kalkar ist vorbei. Und irgendwie ist wohl einiges richtig gemacht worden, denn in vielen Publikationen ist die sonst vorhandene Häme zwischen den Zeilen nicht zu lesen gewesen.

Es ging eigentlich um die Ergänzung des seit 2016 bestehenden Grundsatzprogramms um ein Rentenkonzept und die Neubesetzung von drei Positionen des Bundesvorstandes, von denen eine bereits als Rochade geplant war.

Trotz dieser eigentlich einfachen Problemstellung war die Brisanz des Parteitages jedem bewußt. Seit der „Auflösung“ des Flügels hat es immer wieder Kräftemessen gegeben zwischen den noch in der AfD verbliebenen Unterstützern des sozial-nationalen Flügels und den liberal-konservativen Kräften der Partei. Das gipfelte in der Annullierung der Mitgliedschaft von Andreas Kalbitz, als einem der führenden Köpfe des Flügels, nach der einige Feindseligkeiten offen zutage traten und die Führungsverantwortung der Parteiführer von der liberal-konservativen Seite immer lautstärker eingefordert wurde. Die unterschwelligen Anfeindungen der beiden Lager waren kaum mehr zu ignorieren und die offene Unterstützung der Flügelpositionen durch den Ehrenvorsitzenden hat der Außendarstellung der Partei nicht gut getan. Die Umfragewerte gaben ein eindeutiges Votum ab. Von der drohenden Beobachtung durch den Verfassungsschutz ganz zu schweigen.

So war denn auch die Rede des Vorsitzenden Meuthen ein Weckruf an die gesamte Partei und eine Abrechnung mit dem bis dahin Herumgeeiere bei der Festlegung der Marschrichtung in die sich die Partei bewegen soll. Es war eine Abrechnung mit den Krakeelern, die sich auf dem Parteitag nach dieser Rede auch sofort zu Wort meldeten.

Die Außendarstellung und die Wortwahl in den Interviews und Postings der Mitglieder ist von Meuthen in seiner Rede massiv kritisiert worden und wer sich in die gemischt dubiosen Reihen der Querdenker begibt und das auch noch mit Insignien der AfD vor einer Kamera, der verläßt eindeutig den Rahmen, den die freiheitlich-demokratische Grundordnung vorgibt, dem sich die AfD in jeder Hinsicht verpflichtet fühlt.

Der Aufschrei einiger Flügelprotagonisten mit lauten Buh-Rufen war denn auch nicht zu überhören. Damit war die Stimmung in der nicht geheizten Halle relativ aufgeheizt.

Trotz etlicher Gegenanträge ist dann der Leitantrag des Rentenkonzepts mit großer Mehrheit angenommen worden. Das war der gemeinschaftliche Gewinn des Parteitages.

Daß danach bei der Neubesetzung der beiden vakanten Vorstandsposten die Liberal-Konservativen beide Positionen sehr knapp für sich behaupten konnten zeigt, daß der Flügel mit seiner Ideologie leider immer noch sehr stark in der AfD vertreten ist. Hier einen Bereinigungseffekt zu erreichen und die Partei wieder zu einer „Professorenpartei“ zu machen ist ein hehres Ziel.

Und eines sollte klar sein, die Abrechnung von Professor Meuthen ist nicht auf den sozial-nationalen Flügel allein beschränkt. Auch die liberal-konservativen Kräfte müssen sich an die eigene Nase fassen und für die neue, aber lange noch nicht abgeschlossene Ausrichtung der Partei eine Professionalisierung erreichen. Da ist es schon wichtig zu fühlen, daß man die richtige Nase dafür hat.