Offener Brief zum Grundsatz2019-07-28T12:47:54+01:00

03.06.2019

Intro

Der offene Brief der Sprecher der Interessengemeinschaft Alternative Mitte Deutschland vom 22.10.2017 ist leider im Nachgang betrachtet nicht von allen Mitgliedern und Delegierten verstanden worden. Es geht auch nicht nur um die Bundesdelegierten, es geht auch und vor allem um die Kandidaten für die Landtage und den Bundestag. Und dabei sind wirklich einige Fehlentscheidungen getroffen worden. Das Ergebnis läßt sich im Nachhinein gut bewerten. Die Qualitätsunterschiede allein der Bundetagsabgeordneten der AfD geben da an einigen Stellen doch sehr zu denken. Und der nachfolgende mahnende Aufruf scheint seine Wirkung nicht entfaltet zu haben.

peter jadasch

 

Offener Brief an die Mitglieder und Bundesdelegierten der AfD

22. 10. 2017

Liebe Mitglieder der AfD, liebe Delegierte,

die AfD steht wenige Wochen vor der schwersten Prüfung seit dem historischen Bundesparteitag im Juli 2015. Dieser Bundesparteitag führte zur Abspaltung von Bernd Lucke und seinen Unterstützern, die sich zuvor im sogenannten „Weckruf“ organisiert hatten. Mehrere Tausend Mitglieder verließen damals die Partei. Mit ihnen verloren Vorstände und Fachausschüsse der Partei einen teilweise erheblichen Teil ihrer aktiven Mitlieder. Besonders in den Bundesfachausschüssen war das deutlich spürbar. Viele Experten waren für uns verloren. Das war bedauerlich, aber dieser Verlust war für uns dennoch unvermeidbar. Denn die Differenzen, die am Ende zur Abspaltung des Weckrufs führten, waren 2015 völlig andere als die, um die es heute geht.

Heute haben wir eine andere Situation. Jedoch haben auch die heutigen Differenzen das Potential für eine weitere Spaltung der AfD. WIR als Alternative Mitte (AM) wollen keine erneute Spaltung der Partei. Darum haben wir nicht die Partei verlassen, sind nicht Frauke Petry gefolgt.

Wir alle, als Mitglieder und Delegierte, haben die große Aufgabe, die Partei auf einem Kurs zu halten, der es so vielen wie möglich erlaubt, weiterhin mit einem guten Gefühl in der Partei zu bleiben und gemeinsam in die Zukunft zu schauen. Das ist in Anbetracht der Situation eine schwierige Aufgabe. Aber wir können sie bewältigen. Wie? Was ist es, das uns alle verbindet und das man so in keiner anderen Partei findet? Es ist unser Grundsatzprogramm, das wir uns am 1. Mai 2016 in Stuttgart gegeben haben.

Wählen Sie als Delegierte auf dem Bundesparteitag nur Bewerber in den Bundesvorstand, die unverrückbar zu unserem Grundsatzprogramm stehen! Wählen sie nicht die, denen dieses Programm nicht weit genug geht. Wählen sie nicht die, die Themen auf die politische Tagesordnung setzen, die nicht in diesem Programm stehen und geeignet sind, um die AfD an den Rand der Verfassungstreue zu bringen. Um darüber entscheiden zu können, müssen wir die inhaltliche Auseinandersetzung führen. Unsere Delegierten müssen vorher ermessen können, was sie mit welchen Kandidaten bekommen werden. Ihre Entscheidung muss von Überzeugung getragen sein, nicht von einem Bauchgefühl nach einer guten Rede. Sie muss im Grunde bereits vor dem Parteitag feststehen.

Wir wollen als Alternative Mitte einige Themen benennen, von denen wir glauben, dass das Themen sind, die auch für viele Unterstützer des Flügels von besonderer Wichtigkeit sind. Wir wollen uns dazu positionieren. Wenn es gelingt, bei diesen Themen eine gemeinsame, vom Geist des Grundsatzprogrammes getragene, Linie hinzubekommen, dann wird es uns auch gelingen, die Partei zusammenzuhalten:

  1. Demokratie und Verfassung

Für die AM hat die Bundesrepublik Deutschland eine Verfassung. Diese Verfassung heißt Grundgesetz. Wir stehen hinter dem Grundgesetz unseres Landes. Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich das Volk diese Verfassung nicht selbst gegeben hat und es nie eine verfassungsgebende Versammlung gab. Wir betrachten das als einen Schönheitsfehler und sehen es als legitime Forderung, diesen eines Tages korrigieren zu wollen. Das wäre ein schönes Signal für die Einheit unseres Landes, das idealerweise bereits 1990 mit dem Einigungsvertrag hätte erfolgen sollen. Wir sehen die dafür wünschenswerten politischen Voraussetzungen aber heute nicht. Das Grundgesetz beinhaltet alle wichtigen gesetzlichen Grundlagen, um unser Land im Sinne der Bürger zu regieren. Man muss es nur konsequent anwenden.

Die AM hält das demokratische System der Bundesrepublik Deutschland für eines der besten der Welt. Es gibt jedoch nichts Gutes, das man nicht noch weiter verbessern könnte. Darum fordern wir mehr direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild, die direkte Wahl des Bundespräsidenten und die Begrenzung der Amtszeit der Abgeordneten, auch des Bundeskanzlers. Wir wollen nicht die Demokratie abschaffen, sondern wir wollen sie noch besser machen. Wir wollen den Parteienstaat und die Demokratie entkoppeln. Wir wollen die Möglichkeiten der Parteien begrenzen, sich den Staat zu eigen zu machen. Das ist das genaue Gegenteil eines autoritären oder totalitären Systems.

  1. Deutschland in Geografie und Geschichte

Für die AM besteht das deutsche Staatsgebiet aus den Gebieten der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vor 1990. Das ist das Land, in dem wir groß geworden sind. Das ist unser Deutschland. Die Oder-Neiße-Grenze ist Bestandteil völkerrechtlicher Verträge. Wir haben kein Interesse daran, die Grenzen der heutigen Bundesrepublik Deutschland jetzt oder in Zukunft zu verändern. Wir bedauern, dass viele Deutsche als Kriegsfolge ihre Heimat verloren haben. Die ehemaligen deutschen Ostgebiete gehören jedoch heute zu anderen Ländern, deren Souveränität wir in vollem Umfang anerkennen. Den dort noch heute lebenden deutschen Minderheiten fühlen wir uns freundschaftlich verbunden und wir wollen uns auch für ihre Rechte einsetzen.

Die AM erkennt, dass mit dem 2. Weltkrieg und seinen Folgen Themen verbunden sind, die viele Menschen auch heute noch bewegen und durchaus eine politische Bedeutung haben. Wir sehen aber auch, dass diese Themen mit der Zeit für die nachfolgenden Generationen an Bedeutung verlieren. Wir wollen uns mit den wichtigen Zukunftsfragen unseres Landes befassen. Geschichtsaufarbeitung gehört nicht dazu. Wir wollen nicht reden von der Kriegsschuldfrage, von der Wehrmacht oder vom Schuldkult. Und zwar weder in Form von Redebeiträgen einzelner Funktionäre noch in Form von Beiträgen auf offiziellen Seiten der AfD in den sozialen Medien. Wer sich damit privat befassen möchte, soll das tun können. Das ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt. In der AfD wollen wir diese Themen  nicht auf der politischen Agenda haben. Wer sich gar auf eine Weise äußert, die als Verharmlosung oder schlimmstenfalls als Verherrlichung des NS-Regimes verstanden werden kann, dem sollte klar sein, dass das mit dem Selbstverständnis der Partei unvereinbar ist und auch nicht geduldet wird.

  1. Einwanderung

Die AM ist grundsätzlich für Einwanderung, wenn sie für die einheimische Bevölkerung von Vorteil ist. Sie will diese aber durch ein strenges Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild regeln. Nur da, wo inländischer Bedarf ist, soll Einwanderung möglich sein. Unqualifizierte Einwanderung lehnen wir ab.

Die AM befürwortet das Recht auf Asyl. Sie unterscheidet aber zwischen Asyl und Einwanderung. Asyl sehen wir primär als Schutz auf Zeit. Einwanderung soll auch für Asylbewerber nur dann möglich sein, wenn sie die Kriterien des Einwanderungsgesetzes erfüllen.

Wir unterscheiden zwischen Einwanderung und Einbürgerung. Einen Automatismus lehnen wir ab. Einbürgerung kann nur am Ende einer in jeder Hinsicht erfolgreichen Integration stehen. Einen Doppelpass lehnen wir ab.

Die AM lehnt eine unkontrollierte Masseneinwanderung ab und setzt sich dafür ein, dass den Menschen vor Ort, in ihren Ländern oder in benachbarten Ländern, geholfen wird. Obergrenzen numerischer Art lehnen wir ab. Erst recht dann, wenn sie jederzeit nach Bedarf und Gutdünken überschritten werden können. Eine solche Mogelpackung, wie sie derzeit von anderen Parteien geplant wird, brauchen wir nicht. Familiennachzug als Automatismus lehnen wir ab und sehen darin auch keine Voraussetzung für Integration.

  1. Islam

Die AM lehnt einen radikalen, politischen Islam ab. Wir erkennen, dass der weltweit praktizierte Islam überwiegend politisch ist und ihm bisher eine Entwicklung fehlt, die etwa das Christentum durch die Aufklärung in Europa genommen hat. Wir erkennen, dass dieser politische Islam, der sich über unsere Verfassung stellt, eine Bedrohung für unser Land ist. Er ist aus vielen Gründen mit dem Grundgesetz nicht vereinbar und es ist hier auch jegliche falsch verstandene Toleranz fehl am Platze.

Wir lehnen aber deshalb nicht Muslime ab, die sich in großer Zahl als Bürger unseres Landes integriert haben und ihren Glauben auf eine moderne, angepasste Weise praktizieren. Wir sehen es vielmehr als Aufgabe unseres Staates, diese Muslime vor dem Einfluss radikaler Glaubensbrüder und -schwestern zu schützen. Und wir sehen, dass diese Aufgabe fast unmöglich zu erfüllen ist, wenn dieses Land Millionen muslimischer Neubürger aufnimmt, die aus Ländern kommen, in denen ein politischer Islam gelebt wird.

Religionsfreiheit ist für uns ein hohes Gut, das durch das Grundgesetz garantiert ist. Das gilt grundsätzlich für alle Religionen. Es gilt jedoch nicht unbeschränkt. Da, wo die Religionsausübung sich über Staat und Verfassung erhebt oder wo sie die Freiheit und Sicherheit Andersdenkender gefährdet, ist sie nicht mehr durch die Religionsfreiheit gedeckt.

  1. Zusammenarbeit mit Organisationen außerhalb der Partei

Das Gespräch und der Austausch mit Organisationen und Gruppen, die Teile der Gesellschaft repräsentieren, sind für uns selbstverständlicher Bestandteil der politischen Arbeit. Das gilt etwa für Berufs, Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände. Das gilt auch für verschiedene Nichtregierungsorganisationen und politische Organisationen. Und das gilt auch für Protestbewegungen.

Wir streben als politische Partei danach, die Zukunft unseres Landes mit politischen Mitteln, vornehmlich auf dem Wege der parlamentarischen Arbeit, zu verbessern. Eine enge Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen politischen Organisationen und politischen Aktivisten, wie etwa PEGIDA oder der Identitären Bewegung, die ihr Anliegen auf andere Weise vermitteln wollen, lehnen wir schon deshalb ab. Wir wollen auch nicht deren politischer Arm sein. Wohl wissend, dass einige etablierte Parteien das ihrerseits nicht tun und teils beste Kontakte zu Gruppen von Aktivisten pflegen, deren Verfassungstreue auf tönernen Füßen steht.

  1. Rassismus und Nationalismus

Wir wenden uns gegen jegliche Form von Rassismus oder Nationalismus. Wir sind Patrioten. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. „Der Nationalist ist einer, der die anderen hasst. Der Patriot ist einer, der das eigene Land liebt und den Patriotismus der Nachbarn versteht und achtet (Richard von Weizsäcker, deutscher Bundespräsident 1984-1994).“

Wir lehnen es aber auch ab, im eigenen Land Opfer von Multikulturalismus und einem Rassismus zu werden, der sich zwar nicht gegen Migranten, aber gegen einen Teil der einheimischen Bevölkerung richtet, nur weil dieser gerne auch weiterhin in einem Land mit deutscher Mehrheitsbevölkerung leben möchte. Rassismus und Diskriminierung werden nicht dadurch besser, dass man das Vorzeichen wechselt. Rassismus ist immer abzulehnen.

Wir wollen mit allen, die unsere Kultur und unsere Gesellschaft respektieren und sich integriert haben, auf Augenhöhe zusammenleben, ungeachtet ihrer Herkunft. Und wir betrachten alle europäischen Nachbarländer als Partner, die wir achten und mit denen wir zum gegenseitigen Vorteil zusammenarbeiten wollen.

  1. Freiheit leben

Wir wollen, dass die Bürger unseres Landes auch in Zukunft so frei und selbstbestimmt wie möglich leben können. Dazu gehört für uns eine pluralistische Gesellschaft, in der alle relevanten Gruppen Teil der politischen Willensbildung sind. Dazu gehört für uns auch die soziale Markwirtschaft Erhardscher Prägung. Machteliten, die die Gesellschaft beherrschen, lehnen wir ab. Sozialismus wie National-Sozialismus lehnen wir als menschenverachtende Ideologien der Unfreiheit ab.

Wir wünschen uns zu diesen wenigen Punkten eine Positionierung aller Kandidaten, die in den nächsten Bundesvorstand gewählt werden wollen. Als Entscheidungshilfe für Sie als Mitglieder und Delegierte, wem sie Ihr Vertrauen aussprechen wollen. Es ist Ihre individuelle Entscheidung. Für die politische Diskussion zu den angesprochenen Themen stehen wir Ihnen zur Verfügung.

 

Die Sprecher der Interessengemeinschaft Alternative Mitte Deutschland

 

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